Zeigt das Kind bereits im Vorschulalter Auffälligkeiten im Umgang mit Zahlen bzw. Buchstaben oder im Bereich der Aufmerksamkeitslenkung, ist eine frühzeitige Beratung und eine Erstuntersuchung zu empfehlen. Leidet der Betroffene an Schulangst oder sind Vermeidungsstrategien zu beobachten, ist eine lerntherapeutische Unterstützung notwendig, um ihn effektiv und nachhaltig in seiner Entwicklung zu unterstützen.
Im Nachhilfeunterricht wird davon ausgegangen, dass bei dem Kind bzw. dem Jugendlichen ein grundsätzliches Verständnis für den Lerngegenstand wie beispielsweise die mathematischen Strukturen vorhanden ist. Die Themen werden nochmals erklärt und mithilfe von Schulmaterialien auf unterschiedliche Weise geübt. Dahingegen wirkt sich vermehrtes häusliches Üben bei Betroffenen, die lerntherapeutische Unterstützung benötigen, negativ aus. Häufig wird ein „Schonraum“ (Lernen ohne Druck, Pausieren der Benotung) hergestellt, sodass die Kinder und Jugendlichen ihre Lernmotivation zurückgewinnen und das Selbstwertgefühl gefördert werden kann. In der Lerntherapie wird bei dem gefestigten Wissen der Person begonnen und mit anschaulichem Material gearbeitet. Nach einem ganzheitlichen Ansatz werden die Ursachen der Lernstörung, die Ausgangslage und die momentane schulische und familiäre Situation berücksichtigt. Sowohl die Eltern als auch die Lehrer werden in der Lerntherapie integriert.
Nein. Sobald Eltern, Erzieher oder Lehrer grundlegende Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben, Rechnen oder im Bereich der Wahrnehmung und Konzentration bei Kindern und Jugendlichen vermuten, können Sie Lerntherapie in Anspruch nehmen. Grundsätzlich muss jedoch zwischen der pädagogischen Förderdiagnostik und der medizinischen Diagnostik unterschieden werden: Eine standardisierte, medizinische Diagnostik gibt Ihnen ausschließlich Auskunft darüber, ob eine Teilleistungsstörung vorliegt. Diese Untersuchung findet in kinder- und jugendpsychologischen Einrichtungen statt. Hilfreich ist dies für den Antrag auf Kostenübernahme der Lerntherapie durch das Jugendamt (siehe nächste Frage). Eine pädagogische Förderdiagnostik erfolgt durch Lerntherapeuten. Diese deckt durch verschiedene Tests die Stärken und Schwächen der Person auf und dient somit als Grundlage der individuellen Förderung.
In der Regel müssen die Kosten der Lerntherapie von den Eltern finanziert werden. Lerntherapie kann nicht von Ärzten auf Rezept verschrieben werden. Eine Kostenübernahme seitens des Jugendamtes gemäß § 35a SGB VIII ist möglich, wenn durch Kinder- und Jugendpsychologen das Vorliegen der Teilleistungsstörung diagnostiziert wurde und bei der Person demzufolge eine seelische Störung („sekundäre Neurotisierung“) droht. Ob sich die Krankenkasse an den Lerntherapiekosten beteiligt, muss von den Eltern individuell erfragt werden.
Viele Faktoren wie z.B. die Lernschwierigkeit, die Therapiefrequenz, die Mitarbeit des Betroffenen und des Umfelds sowie das Alter beeinflussen die Therapie. Sie ist von Person zu Person unterschiedlich und daher kann keine pauschalisierte Angabe zur Therapiedauer gemacht werden. Grundsätzlich gilt, dass ein frühzeitiges Erkennen und therapeutisches Handeln hilfreich ist. So wird der möglichen Entstehung eines Teufelskreises (Lernstörung – fehlender Motivation – geringem Selbstwertgefühl) entgegengewirkt und das Kind bzw. der Jugendliche bestmöglich in seiner Entwicklung unterstützt. Gemeinsam nehmen wir uns so viel Zeit wie nötig, um der betroffenen Person zu helfen und die vereinbarten Ziele zu erreichen, ohne dass die Therapiedauer grundlos verlängert wird.
Zahlreiche Kinder und Jugendliche zeigen innerhalb ihrer Schullaufbahn zwischenzeitlich Schwierigkeiten bei gewissen Themen. Diese können sich nach einiger Zeit von allein verflüchtigen. Doch gibt es auch viele andere, bei denen sich die Schwierigkeiten wegen verschiedener Ursachen nicht „verwachsen“. Hier heißt es als Eltern, Erzieher und Lehrer wachsam zu sein und bei bestehenden Auffälligkeiten über einen längeren Zeitraum fachspezifische Unterstützung heranzuziehen.